Wanderung Lütholdsmatt - Polenweg - First
Mysterium am Pilatus
Wanderzeit: 5 h
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Juni - Oktober
Polnische Internierte erstellten im Zweiten Weltkrieg auf der Obwaldner Seite der Pilatuskette ein Kleinod der Wegebaukunst: Der gepflästerte Weg, der sich kurvenreich durch die Alpweiden zieht, wirkt wie eine Miniaturausgabe der Tremolastrasse. Heute dient der sogenannte Polenweg hauptsächlich dem Wandern. Die Rundtour ab Lütholdsmatt wird von einem Abstecher zum Aussichtspunkt First gekrönt. Fast 90% der Strecke verlaufen auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Im Juni 1940 überquerten 12'000 polnische Soldaten die französisch-schweizerische Grenze. Nach der Niederlage Polens gegen die deutschen und russischen Invasoren waren sie Teil der französischen Armee geworden und hatten versucht, auf diese Weise für die Freiheit ihrer Heimat zu kämpfen. Doch nachdem auch Frankreich von deutschen Truppen erobert worden war, entschlossen sie sich zur Flucht in die Schweiz, um nicht in deutsche Kriegsgefangenschaft zu geraten.
Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs nahm die Schweiz insgesamt über 100'000 Armeeangehörige verschiedener Nationen auf – neben Polen auch Franzosen und Italiener sowie deutsche Deserteure. Die Internierten wurden in Lagern untergebracht und zur Arbeit in der Landwirtschaft oder auf Baustellen verpflichtet. Dabei ergab sich bei den polnischen Soldaten schon bald eine Spezialisierung: Sie wurden primär für den Bau von Strassen und Wegen eingesetzt, die der militärischen Erschliessung oder der landwirtschaftlichen Versorgung dienten. Die Verbindungen, die sie mit grossem handwerklichem Geschick errichteten, werden seither als Polenstrassen oder Polenwege bezeichnet.
Ein besonders schöner Polenweg liegt am Südhang der Pilatuskette oberhalb der Alp Balismatt. Er zieht sich von der Alphütte Wängen nach Rickmettlen hinauf und von dort hinüber nach Steinstössi. Die Höhendifferenz, die im ersten Teil überwunden wird, ist kaum wahrnehmbar, weil der Weg in zahlreichen weiten Kehren in den Hang gelegt wurde. Das hat ihm die Bezeichnung «Obwaldner Tremola» eingetragen. Zu welchem Zweck der Weg gebaut wurde, ist unklar. Die Strecke ergibt aus militärischer Sicht keinen Sinn, und auch für die Alpwirtschaft wäre sie nicht nötig. Es wird vermutet, dass die Arbeiten primär als Beschäftigungsprogramm für die Internierten gedacht waren.
Ob der Bau nun wirklich erforderlich war oder nicht – der Polenweg am Pilatus ist ein ausserordentlich schönes Zeugnis früherer Wegebaukunst. Das Trassee ist mit unbehauenen Natursteinen gepflästert und mit verschiedenen Kunstbauten ausgestattet. Dazu gehören eine gemauerte Steinbogenbrücken und ein fachmännisch errichteter Tombino (Entwässerungsschacht). An manchen Stellen ist der Weg von Kolonnensteinen gesäumt, die als Begrenzungen und Absturzsicherungen dienen. Im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS) wird der Strecke eine nationale Bedeutung zugeschrieben.
Der Polenweg ist das attraktive Herzstück einer Rundwanderung, die auf der Alp Lütholdsmatt beginnt. Etwas öde ist der Einstieg: Satte zwei Kilometer wandert man auf einem asphaltierten Alpsträsschen. Bei Märenschlag geht dieses in einen Kiesweg über, und ab Balismatt wird die Strecke dann richtig schön. Es lohnt sich, den Polenweg nicht einfach zügig abzuschreiten, sondern das Auge einerseits auf die Weganlage, andererseits auch in die Ferne zu richten. Eine schöne Sicht hat man etwa zum westlichen Ausläufer der Pilatuskette mit den Gipfeln von Stäfeliflue und Blaue Tosse sowie in der Gegenrichtung zum Widderfeld. Gegen Süden fällt der Blick zum Alpnachersee und auf das Stanserhorn.
Im Gebiet Steinstössi lässt man den kunstvoll angelegten Polenweg hinter sich und wandert auf einem einfachen Fussweg weiter Richtung Gschwänt. Oberhalb der Alphütte gelangt man zu einer Abzweigung, von der es über das Weideland weglos zum First hinaufgeht. Der viertelstündige Abstecher ist empfehlenswert, denn vom höchsten Punkt des Geländekamms öffnet sich eine prächtige Sicht zur Alpenkette vom Glärnisch über den Titlis bis zur Jungfrau; ein Bänkli lädt zu aussichtsreicher Rast ein.
Vorbei an den Hütten der Alp Ällgäu steigt man nach Rischigenmatt ab. Von dort führt ein Alpsträsschen direkt nach Lütholdsmatt zurück. Zu Beginn ist es mit Kies gedeckt, ab Fachsboden dann mit Asphalt, was nochmals einen gut einstündigen Marsch auf Hartbelag ergibt. Doch es gibt Besseres: Ein schmaler Pfad führt von Rischigenmatt durch eine märchenhafte Moorlandschaft zum Langenfeldmoos. Von dort geht es zwar ein Stück weit ebenfalls auf einer Kiesstrasse voran, doch bei Schwand zweigt man bereits wieder auf Weideland ab und gelangt zur Schwandschlieren hinunter. Auf der anderen Seite des Wildbachs geht es sehr steil aufwärts nach Schlorpen und weiter zur Wegkreuzung Rossstand, wo ein gut ausgebauter Rastplatz samt Feuerstelle zur Verfügung steht. Von da geht es, vorerst sanft absteigend erneut auf einem Kiessträsschen, dann etwas steiler auf einem Waldpfad, weiter Richtung Stock. Ein kurzer Aufstieg über Weideland zur Alp Lütholdsmatt schliesst die sehr abwechslungsreiche Rundwanderung ab.