
Wanderung Ämsigen-Mondmilchloch-Alpnach
Wo die Mondmilch fliesst
Wanderzeit: 5 h 20 min
Schwierigkeitsgrad: T3 Anspruchsvolles Bergwandern / T4 Alpinwandern *
Saison: Juni - November
Im Südhang der sagenumwobenen Pilatuskette liegt das Mondmilchloch. Die Karsthöhle lässt sich im Rahmen einer Wanderung erkunden, die von Alp zu Alp führt. Die Tour verläuft grösstenteils auf Bergwanderwegen, ein Drittel davon auf Asphalt. Einzig der Zugang zur Höhle ist deutlich anspruchsvoller.
Detaillierte Routenbeschreibung
Um den Pilatus, den Hausberg der Stadt Luzern, ranken sich zahlreiche Sagen und Wundergeschichten. Wegen seiner wilden Zacken, jähen Abstürze und mächtigen Schuttfelder nannte man ihn früher «fractus mons» – gebrochener Berg. Als besonders unheimlich galt, dass er ein Wolkensammler ist und damit ein Gewitterherd zu sein schien. Im Sommer 1420 soll ein Bauer gesehen haben, wie ein feuriger Drache gegen den Berg hin flog und etwas fallen liess. Als der Mann nachschauen ging, fand er einen von geronnenem Blut umgebenen kugelrunden Stein. Dieser wurde alsbald zur Heilung von verschiedenen Krankheiten verwendet. Wie man heute weiss, besteht der sogenannte Drachenstein aus gebranntem Ton. Er ist im Naturmuseum Luzern ausgestellt.
Die Unwetter am Pilatus, so glaubte man einst, würden in einem kleinen See in der Nordflanke des Gebirges entstehen. Dorthin sei der Geist des unseligen römischen Prokurators Pontius Pilatus verbannt worden. Wenn man den Ort aufsuche und den Dämon dadurch reize, reagiere er fürchterlich, indem er Sturm und Hagel entfessle und die Bergbäche zu reissenden Strömen anschwellen lasse. Während langer Zeit war es deshalb obrigkeitlich verboten, das Pilatusgebiet zu betreten. Sechs Unerschrockene wagten 1387 den Aufstieg trotzdem. Ihre Tour stellt die erste urkundlich dokumentierte Bergwanderung der Schweiz dar.
Der Aberglaube um den Pilatussee verebbte nur langsam. 200 Jahre nach der Erstbesteigung fand deshalb auf Initiative eines Luzerner Stadtpfarrers eine bizarre Expedition statt. Mit einer Massenbesteigung des Bergs durch Volk und Behörden wollte man die Pilatussage widerlegen. Die Exkursion artete in eine wilde Teufelsaustreibung aus, in deren Verlauf Steine ins Seelein geworfen und üble Schmähworte ausgestossen wurden – ohne dass sich der angeblich im Tümpel hausende Dämon herausfordern liess. Einige Jahre später wurde dem Pilatussee auf behördliches Geheiss schliesslich das Wasser abgegraben.
Einem weiteren merkwürdigen Schauplatz ging es glücklicherweise nicht an den Kragen: Das geheimnisvolle Mondmilchloch liegt auf der gegenüberliegenden südlichen Seite der Pilatuskette und ist wesentlich schlechter zugänglich als der trockengelegte See. Am einfachsten erreicht man es auf einer Wanderung, die auf der Alp Ämsigen bei der Zwischenstation der Zahnradbahn von Alpnach nach Pilatus Kulm beginnt. Die Alp bietet ein grossartiges Panorama mit Aussicht zu Rigi und Stanserhorn und mit Tiefblick auf das Alpnacher und das Luzerner Becken des Vierwaldstättersees.
Über Alpweiden steigt man zur Alp Hinterchretzen auf, von dort senkt sich ein geschottertes Alpsträsschen zur Alp Unterchretzen. Die nächsten 2 Kilometer bis kurz vor Denneten verlaufen auf Asphalt; entschädigt wird man immerhin mit einer prächtigen Aussicht zum Sarnersee und zu den Gipfeln der Obwaldner und Berner Alpen. Danach zieht sich ein schmaler Waldpfad zur Alp Fräkmünt hoch (die Obwaldner Alp ist nicht zu verwechseln mit ihrem gleichnamigen Gegenstück in der Nordflanke des Pilatus); unterhalb der Alphütten lädt ein grosser Rastplatz zum Picknick ein. Über Alpweiden und durch Bergwald geht es weiter aufsteigend zum Birchboden.
Bis zu diesem Punkt und auch ab hier hinunter ins Tal wandert man auf unproblematischen Bergwegen mit Schwierigkeitsgrad T2. Der Zugang zum Mondmilchloch hingegen stellt deutlich höhere Ansprüche an die Trittsicherheit. Von der Alphütte im Birchboden führt ein schmaler, nicht signalisierter Pfad zunächst ebenen Wegs in westlicher Richtung dem Viehzaun entlang zu einem ausgedehnten Geröllfeld. Von da an ist der Weg zur Höhle mit roten Punkten und Pfeilen signalisiert. Er führt am Rand einer abschüssigen Geröllhalde durch rutschigen Schotter steil aufwärts, danach durch Waldgebiet mit leichten Auf- und Abstiegen in zusehends exponiertes Gelände. Bei einer kurzen Aufstiegspassage muss man die Hände zu Hilfe nehmen; im Bergfrühling blühen hier an den Kalkfelsen zahlreiche Fluhblumen.
Nachdem man um eine senkrechte Felsrippe gebogen ist, steht man vor dem Eingang der Höhle. Deren Name hängt mit der hier reichlich auftretenden Mondmilch zusammen, einer weichen, weisslichen Kalkablagerung. Die Substanz wurde früher bei verschiedenen Krankheiten als Heilmittel eingesetzt. Hinter dem mehrere Meter hohen Höhleneingang öffnet sich ein grosser hallenartiger Raum. Von ihm geht ein sich spaltenartig verengender Gang ab, der rund 100 Meter tief in den Berg führt.
Vom Mondmilchloch geht es auf gleicher Strecke zurück nach Birchboden. Ordentlich steil, aber ungemein abwechslungsreich ist der erste Teil des Abstiegs: Mehrheitlich durch Wald, zwischendurch über Alpweiden und Riedwiesen gelangt man nach Schybach. Von dort geht es teilweise auf Asphaltsträsschen, mehrheitlich aber auf Waldpfaden und Wiesenwege über Lütholdsmatt und Chrüzplatten nach Winterhalten und weiter via Sattel und Hostatt nach Alpnach und zur Bahnstation Alpnach Dorf.