
Wanderung Alpe di Neggia - Monte Gambarogno - Indemini - Alpe di Neggia
Indemini – das «abgelegenste Tal der Schweiz»
Wanderzeit: 5 h 50 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Juni - November
Bis ins frühe 20. Jahrhundert war Indemini nur zu Fuss erreichbar. Das Dorf auf der Südseite des Monte Gambarogno galt deshalb als abgelegenster Ort der Schweiz. Einige der Wege, die man schon früher nutzte, gibt es auf der Rundwanderung ab Alpe di Neggia zu erkunden. Die Tour verläuft fast durchwegs auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Drüben Luino, diesseits Lugano: Die Bergkette vom Monte Gambarogno über den Monte Tamaro bis zum Monte Lema bildet eine natürliche Grenze zwischen der Schweiz und Italien. Das gilt allerdings nur theoretisch. In der Praxis verläuft die Landesgrenze nämlich nicht direkt auf dem Kamm, sondern mitunter kilometerweit westlich davon auf der eigentlich italienischen Seite. Besonders unnatürlich ist die Situation rund um Indemini. Das Bergdorf liegt in dem nach Italien abfallenden Val Veddasca, gehört aber im Unterschied zu den Nachbardörfern des Tals zur Schweiz.
Die Abgelegenheit von Indemini ist legendär: Bis zum Bau einer vom Militär initiierten Verbindungsstrasse über die Alpe di Neggia im Jahre 1917 war das Dorf von Gambarogno her nur zu Fuss erreichbar; der stundenlange Marsch führte damals über den Santa-Anna-Pass. Sogar erst 1964 erfolgte der Anschluss ans italienische Strassennetz.
Die kuriose Lage hat historische Gründe: In der Alten Eidgenossenschaft wurde der abgelegene Standort als strategisch günstiger Beobachtungsposten genutzt, von dem sich ein drohender Einfall feindlicher Truppen frühzeitig erkennen liesse. Nach der von Napoleon verfügten Neuordnung der Schweiz versuchte das Tessin, Indemini im Tausch gegen die italienische Exklave Campione abzustossen, scheiterte mit diesem Vorhaben jedoch. Heute ist das seinerzeit ungeliebte Kind zu einer kleinen Kostbarkeit geworden, wo die Uhren etwas langsamer ticken als anderswo.
Das lässt sich auf einer Wanderung erleben, die den historischen Santa-Anna-Passweg mit der Route über die Alpe di Neggia verbindet. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, wählt als Ausgangspunkt der Rundtour mit Vorteil die Alpe di Neggia, die eine Zwischenstation der Postautolinie nach Indemini ist. Wer bereits hier aus- und später wieder einsteigt, kann auf das kurvenreiche Verbindungsstück zwischen der Alp und dem Dorf verzichten und dadurch die beiden mehr als einstündigen Postautofahrten um jeweils etwa zehn Minuten verkürzen. Auf der oberen der beiden nachfolgenden Karten ist die Rundwanderung mit Ausgangspunkt Alpe di Neggia dargestellt, auf der unteren mit Ausgangspunkt Indemini.
Im Grunde ist Indemini noch heute ziemlich abgelegen. Diesen Eindruck vermittelt die Anfahrt zur Alpe di Neggia. Die Passstrasse schraubt sich in zahlreichen Serpentinen die bewaldeten, von abschüssigen Felswänden durchzogenen Steilhänge des Valle di Vira hoch. Von der Passhöhe zieht sich ein einfacher, schmaler Naturpfad in westlicher Richtung den Hang hoch. Im Aufstieg geniesst man eine weite Sicht auf das Val Veddasca, dessen bewaldete Höhen in der Ferne gegen den italienischen Teil des Lago Maggiore auslaufen.
Nach einer Weile gelangt man zu einer Wanderwegverzweigung in der Nähe eines Skilifttrassees. Hier empfiehlt sich, die in Richtung Indemini abgehende Route zu ignorieren und stattdessen den kleinen Umweg zum Gipfel des Monte Gambarogno einzuschlagen. Die Rundsicht auf dessen Kuppe ist grossartig: Zu Füssen liegt einem das Seebecken von Locarno, dahinter öffnen sich die Täler der Verzasca und der Maggia, im Rücken hat man den Monte Tamaro, nach Süden geht die Sicht weit nach Italien. Nur wenige Höhenmeter unterhalb des Gipfels liegt die Capanna Gambarögn; auf der Terrasse werden im Alpsommer Käse- und Wurstspezialitäten sowie kalte und warme Getränke aufgetischt.
Der Abstieg verläuft zunächst auf offenem Weideland, dann durch lichten Birkenwald und später durch dichten Buchenwald. Der Weg ist geschickt ins Gelände gelegt und überwindet das Gefälle mit etlichen Kehren, so dass der Abstieg mehrheitlich sanft verläuft. Auf der Alpe Cedullo werden während der Sommersaison in einer Bergbeiz ebenfalls einfache hausgemachte Speisen angeboten.
Nicht weit davon entfernt liegt der Passübergang Sant’Anna, über den einst die kürzeste Verbindung zwischen Indemini und dem Gebiet Gambarogno verlief. Dort befindet sich auch das gleichnamige Oratorio; bei der Kapelle lädt ein Rastplatz mit Feuerstelle zum Picknick. Von nun an wandert man oft im Wald, doch immer wieder erlauben Lichtungen Ausblicke in die nähere und weitere Umgebung. Über Pasturone gelangt man nach Indemini.
Bis anhin konnte man sich auf dieser Wanderung auf eine zuverlässige Signalisation verlassen (der Wanderweg von der Alpe di Neggia nach Indemini ist als SchweizMobil-Route Nr. 613 ausgeschildert). Das ändert sich nun, wie man rasch feststellen wird. Gleich nach dem Dorfladen und dem gegenüberliegenden Restaurant steigt man ins verwinkelte Netz von schmalen Gässchen ab, das zwischen den dicht aneinandergedrängten Steinhäusern des Dorfs angelegt ist. Dessen Kern (ein Ortsbild von nationaler Bedeutung) weist zwar keine grossen Ausmasse auf, trotzdem kann man hier ohne viel Federlesens rasch die Orientierung verlieren. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn der Verlauf ist vorgezeichnet: Der Abstieg endet beim Strässchen entlang des unteren Dorfrands.
Schon bald gelangt man wieder auf einen Waldweg, der sich sanft ins Val Giona senkt. Mit der Brücke über den Wildbach erreicht man den tiefsten Punkt der Tour. Jetzt geht es aufwärts, und zwar vorerst ziemlich anhaltend und steil. Auf einem alten, mit Natursteinen gepflästerten Weg erreicht man denWeiler Sciaga, wo sich eine schöne Sicht hinüber nach Indemini und zum Monte Gambarogno öffnet. Ebenen Wegs überquert man die ausgedehnte Weidefläche, danach geht es wieder in den Wald. In leichtem Auf und Ab zieht sich ein schmaler Pfad dem Hang entlang. An einzelnen Stellen fällt das Gelände steil ab; dort geben hangseits angebrachte Ketten Halt und Sicherheit. Beim Weiler Monte Idacca beginnt der Schlussaufstieg zurück zum Ausgangspunkt der Rundtour, der Alpe di Neggia.