
Wanderung Chiasso - Pedrinate - Balerna
Ab in den extremen Süden
Wanderzeit: 3 h 10 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Südlicher geht's nimmer: Oberhalb des Tessiner Dorfs Pedrinate liegt der südlichste Punkt der Schweiz. Der Ort fasziniert natürlich primär Geografiefans. Man kann aber auch einfach eine kleine, hübsche Wanderung dorthin unternehmen. Die Tour verläuft zu rund drei Vierteln auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Den Süden muss man sich manchmal sauer verdienen. Hier sogar sehr sauer. Der Auftakt zu dieser Wanderung ist nämlich reichlich unattraktiv. Vom Hauptgebäude des Bahnhofs Chiasso geht es ein paar Dutzend Schritte nach Westen, danach muss man buchstäblich unten durch. Eine rund 200 m lange finstere Tunnelröhre unterquert die riesigen Gleisanlagen des Grenzbahnhofs. Das Loch dient vorwiegend dem motorisierten Verkehr. Wagemutigen Fussgängern steht immerhin ein schmales Trottoir zur Verfügung. Wohlan denn – es führt kein andrer Weg nach Pedrinate…
Am Ende des Tunnels mindert sich der Schrecken, zumindest ein bisschen. Fast einen Kilometer muss man noch auf einer pfeilgeraden Strasse marschieren, die den Bahngeleisen entlangführt. Nach dem Grotto Linet ist jedoch Schluss mit solch wanderfeindlichem Schabernack. Jetzt geht es aufwärts und in den Wald. Viele verwinkelte und sich verzweigende Pfade und Forststrässchen ziehen sich den Hang hoch, manche davon sind als Wanderwege signalisiert – nicht immer zu Recht. Die Abzweigung Richtung «Bellavista» jedenfalls ignoriert man besser, trotz des wohlklingenden Namens. Stattdessen hält man sich konsequent ans Zwischenziel Pedrinate. Am östlichen Ende des Dorfs schwenkt man in die Via al Laghetto und damit in die Wanderroute Richtung Seseglio (mit dem Zusatz «Via punto geografico SUD») ein.
Wenig später erscheint auf den Wegweisern das Zwischenziel Moreggi bzw. «Punto estremo Sud della Svizzera», an das man sich fortan für eine Weile hält. Auf einem Fahrsträsschen, das sich im Wald gemütlich aufwärtsschlängelt, gewinnt man weiter an Höhe. Am Wegrand werden mit kleinen Tafeln die hier gedeihenden Bäume vorgestellt. Kurz nach dem Picknickplatz des örtlichen Pilzvereins erreicht die Wanderung den höchsten Punkt. In sanftem Abstieg geht es nun zur Landesgrenze, die sich in diesem Gebiet unübersehbar mit einem hohen Eisenzaun bemerkbar macht. Das Grenzgatter ist jedoch nicht unüberwindlich. Kurz bevor man den «Punto estremo Sud» erreicht, erlaubt eine Lücke den Übertritt ins Nachbarland. Drüben in Italien gibt es kleine Tümpel und Bächlein sowie einen Rastplatz; das Gebiet ist Teil des Regionalparks Spina Verde.
2’722'706/1’75'269: So lauten die Koordinaten des geografisch am weitesten südlich liegenden Punktes der Schweiz. Im Unterschied etwa zur westlichsten Landesextremität bei Genf wird diese Rekordmarke am Abhang des Moreggi-Hügels geradezu zelebriert: Ein Fahnenmast mit aufgezogener Landesflagge, Holzbänke und Tische, dahinter eine Holzskulptur, die je nach Sichtweise einen Grenzwächter oder die Helvetia darstellt, zieren den Platz.
Hier und jetzt wird klar, was diese Wanderung im Grunde ist: Nicht viel mehr als ein Gag. Maximale Südlichkeit ist eine Qualität, die sich an diesem Standort nur nach Zahlen bemisst. Doch wenig später, während man direkt der Landesgrenze entlang Richtung Westen marschiert, wird die Landschaft unverhofft offen und abwechslungsreich, aus dem Wander-Gag wird doch noch ein richtiges Wander-Erlebnis. Der Wanderweg führt am südlichsten Weinberg der Schweiz vorüber. Bei klarem Wetter sieht man von hier zum Monte San Giorgio und zur Gipfelkette der Piemonteser Alpen hinüber.
Ein steiler und schmaler, als Bergwanderweg signalisierter Pfad führt hinunter nach Seseglio. Etwas ausserhalb des Dorfs geht es auf dem Uferweg des Grenzflüsschens Faloppia durch das Naturschutzgebiet Campagna Seseglio. Vom Ende des idyllischen Uferabschnitts geht es durch Industriegebiet der Gemeinde Novazzano. Danach wird nochmals Auenwald durchquert. Nach der Unterquerung der Autobahn A2 gelangt man durch Wohnquartiere zum Bahnhof Balerna.