
Wanderung Mammern - Klingenzell - Stein am Rhein
Am Bodensee der Welt entrückt
Wanderzeit: 2 h
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
An aussichtsreicher Lage hoch über dem Bodensee steht die Wallfahrtskapelle Klingenzell. Unweit davon gibt es mit dem Franziskanerkloster ein zweites Pilgerziel, dessen Standort noch ungewöhnlicher ist: Der Konvent liegt auf einer kleinen Insel im See. Eine leichte Wanderung verbindet die beiden Stätten. Ausserhalb des Siedlungsgebiets verläuft sie grösstenteils auf Naturwegen.
Detaillierte Routenbeschreibung
Es ist ein Bild, dem man im Kanton Thurgau oft begegnet: Lange Reihen von Apfelbäumen säumen das Strässchen, das von Mammern zügig aufwärts Richtung Klingenzell führt. Nach einer Weile lässt man die Obstgärten hinter sich, gelangt in den Wald und erreicht eine Wegverzweigung, wo es sich zu entscheiden gilt, gibt es doch zwei Möglichkeiten, um zur Kapelle Klingenzell zu gelangen. Die Variante über die Hochwacht führt ein wenig höher hinauf und bietet entsprechend etwas mehr Aussicht. Spannender ist der direkte Weg durch den Wald. Er verläuft auf einem Kreuzweg, der unkonventionell angelegt ist.
Die Route ist nämlich nicht wie sonst üblich linear angelegt, sondern scheint bei der sechsten Station (Veronika mit dem Schweisstuch) zu beginnen. Der eigentliche Ausgangspunkt des Kreuzwegs liegt in dessen Mitte, wo die Kapelle Klingenzell ursprünglich stand und wo sich heute eine Lourdesgrotte befindet. Von da aus führt er zunächst auf der einen Seite des Waldwegs Richtung Osten, dann bei der erwähnten Station VI auf der anderen Seite des Wegs in der Gegenrichtung zurück und weiter zum heutigen Standort der Kapelle.
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariahilf steht am Rand des Thurgauer Seerückens an schöner Aussichtslage mit Blick auf den Untersee und den Rhein. Nach der Legende wurde sie von Walter von Hohenklingen gestiftet, dessen Stammsitz das Schloss Hohenklingen oberhalb des nahen Städtchens Stein am Rhein war. Eines Tages begegnete der Schlossherr auf der Jagd einem mächtigen Eber, wollte ihn erlegen, konnte ihn aber lediglich verwunden, worauf das Tier ihn zu verfolgen begann. In Todesangst kletterte der Jäger auf einen Baum und gelobte für den Fall seiner Rettung, an dieser Stätte eine Kapelle errichten zu lassen – worauf der Eber tatsächlich von ihm abliess. Die um 1330 errichtete Kapelle entwickelte sich schon bald zu einem gutbesuchten Wallfahrtsort.
Erneut im Wald, später dann durch Wiesenland steigt man wieder zum Bodensee ab, durchquert das Siedlungsgebiet von Eschenz (der Dorfname geht auf den Brücken- und Hafenort Tasgetium aus der Römerzeit zurück) und gelangt zu einem Holzsteg, der über das seichte Ufergebiet hinweg zur winzigen Insel Werd führt, die schon in der Steinzeit besiedelt war. An diesem von der Welt entrückten Ort steht, von Bäumen, Rasenflächen mit Sitzbänken und Blumenbeeten umgeben, seit dem 8. Jahrhundert ein kleines Kloster.
Das Inselchen ist öffentlich zugänglich, Besucherinnen und Besucher werden einzig gebeten, keinen Lärm zu veranstalten. Wer den Steg beschreitet, kommt an einer Tafel vorbei, auf der es heisst: «Wenn du glaubst: Bete! Wenn du nicht glaubst: Bewundere!» Die vermeintlich imperative Formel zeugt von einer liberalen Grundhaltung: Die einmalige Stätte steht allen Menschen offen, unbesehen von ihrer Religiosität.
Die heute von Franziskanern geführte Abtei geht auf den heiligen Otmar zurück. Dieser hatte eine vom irischen Missionar Gallus gegründete Eremitenzelle zum Kloster St. Gallen entwickelt und den Konvent als erster Abt zur Blüte gebracht. Das rief Neider auf den Plan, die den erfolgreichen Mönch verleumdeten, ihn ins Gefängnis werfen liessen und später auf die Insel verbannten, wo er im Jahr 759 verstarb. Dort wurde er zunächst auch beigesetzt, doch nachdem er heiliggesprochen worden war, verlegte man seine Gebeine nach St. Gallen.
Je mehr man sich auf dem Uferweg dem Städtchen Stein am Rhein nähert, umso mehr verengt sich der Untersee zu einem stattlichen Fluss. Bevor man die kurze Tour am Bahnhof beendet, sollte man einen Abstecher über die Rheinbrücke hinweg in die Altstadt machen. Sie verfügt über ein ausserordentlich gut erhaltenes Ortsbild. Am Rand des mittelalterlichen Stadtkerns, direkt am Ufer des Rheins, liegt das ehemalige Benediktinerkloster St. Georgen. Der Gebäudekomplex gilt als eine der schönsten und besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen der Schweiz. Zur Reformationszeit hatte die damalige Schutzherrschaft Zürich die Schliessung der Abtei verfügt. Die Gebäude dienten in der Folge bis Anfang des 19. Jahrhunderts als Zürcher Amtssitz, verfielen danach zusehends, konnten aber schliesslich vor dem Abbruch gerettet und renoviert werden.