Wasserscheiden bilden oft auch politische Grenzen – zwischen Gemeinden, Bezirken, Kantonen, ja Nationen. Doch es gibt Ausnahmen. Die Urner etwa verstanden es trefflich, ihre Weidegründe über den Klausen- oder auch den Surenenpass hinweg bis weit in die Täler ihrer Nachbarn auszuweiten. Einen ähnlichen Fall scheint es im Berner Oberland zu geben:
Das Dorf Oberried liegt am Südosthang der Augstmatthornkette, zum Gemeindegebiet gehört aber auch die Alp Vogts-Ällgäu auf der anderen Seite des Riedergrats.
Rund vier Stunden braucht man, um zu Fuss vom Ufer des Brienzersee über die Ällgäulücke hinweg zu den Alphütten zu gelangen, für den Rückweg gilt es rund drei Stunden zu veranschlagen. Nicht viel schneller ist man mit dem Auto: Vogts-Ällgäu ist zwar seit 1976 mit einer Güterstrasse erschlossen, doch für die Anfahrt müssen die Oberrieder Bergbauern einen Umweg über Thun, Schallenberg und Schangnau in Kauf nehmen.
Bereits im Mittelalter war das Alpgebiet an Bauern südlich des Riedergrats verliehen worden. Warum in aller Welt wurde sie nicht Bauern von Schangnau oder Sörenberg zugeschlagen? Die historischen Quellen verraten dazu nichts Konkretes. Vielleicht war es einfach so, dass die Alp halt auch für die Emmentaler und Luzerner sehr abgelegen war und man sie aus pragmatischen Gründen den Oberländern überliess.