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Ein Panorama für Milliardäre
21. Dezember 2021

Ein Panorama für Milliardäre

Was wie ein Objekt aus einem alpinen Freizeitpark aussieht, ist in Wirklichkeit Teil einer stillgelegten Bergbahn: Die wellenartige Konstruktion war eine Besonderheit der Gondelbahn von Schönried auf das Rellerli und diente der seitlichen Auslenkung des Trassees.

Die Bahn wurde vor drei Jahren stillgelegt. Gegründet worden war das Unternehmen vor mehr als einem halben Jahrhundert. Zu den Initianten gehörte damals der Dorfmetzger von Schönried, Heiri Ellenberger. Er half die Rellerlibahn aufbauen und präsidierte deren Verwaltungsrat während 33 Jahren.
Schneemangel brachte den Betrieb im Laufe der Zeit zusehends in Schieflage, so dass er schliesslich mit anderen Bergbahnen der Region zusammengelegt wurde. Dem Fusionsprodukt erging es nicht besser. Als es vor dem Konkurs stand, schoss ein Milliardär 15 Millionen Franken ein und riss sich dafür das Rellerli unter den Nagel. Seine Absicht, dort ein Luxusresort zu bauen, löste in der Region heftigen Unmut aus.
Die alten Anlagen wurden stillgelegt, der versprochene Rückbau beschränkte sich auf die Demontage von Seilen und Gondeln. Jetzt ist das Rellerli ein stiller und trostloser Ort. Die Stationsgebäude verlottern, die stählernen Skelette der alten Seilbahnmasten und die Stahlwannen einer Sommerrodelbahn verunstalten die Berglandschaft, über allem liegt ein Mief des Verrottens - das greifbare Gegenstück zum Marketingjargon («Innovationen! Erlebnisse!!»), mit dem solche Anlagen auch heute beworben werden.
Der diffuse Zugriff des Milliardärs hat immerhin sein Gutes: Man kann das grossartige Panorama am Rellerli jetzt sozusagen privat auskosten. Der Aussichtsberg war früher vom Massentourismus überschwemmt, heute ist er den Snobs vorbehalten, nämlich Milliardären - und Winterwanderern, die vor 700 Höhenmetern nicht zurückschrecken.